Behn et al. (2023):
Diese Begleitevaluation zur Programmimplementierung an zwei Pilotstandorten (2020-2022) nutzte sowohl qualitative als auch quantitative Methoden. Befragt wurden BROTHERS, teilnehmende Schülerinnen und Schüler des Schulworkshops und Teilnehmende der Fachkräfteschulung.
Insgesamt wurden acht BROTHERS (vier (post)migrantische Jugendliche und vier geflüchtete Jugendliche/ junge Erwachsene) befragt, mit denen pro Woche ein Termin zu konzeptionellen Inhalten und ein zweiter Termin mit Freizeitaktivitäten und zu persönlichen Themen durchgeführt wurden. Zu zwei Zeitpunkten wurden in Gruppendiskussionen bzw. Leitfaden-Interviews Veränderungen auf Einstellungs- und Verhaltensebene erfragt; außerdem wurden schriftliche Fallbeurteilungen zu den BROTHERS (ausgefüllt von den Teamern) in die inhaltsanalytische Auswertung einbezogen. Als Ergebnisse wurden eine offenere, empathischere Grundhaltung und veränderte Einstellungen zu Homosexualität und zu den gleichen Rechten für Männer und Frauen deutlich. Außerdem zeigte sich ein veränderter Umgang mit Konflikten: weniger körperliche Gewalt (mehr Fürsorge statt Dominanz), mehr Diskussion und (Selbst)Reflexion (Artikulation von Problemen/ Vorbehalten/ Widerständen), mehr Impulskontrolle (weniger Reaktion auf Provokation). Nicht alle BROTHERS erreichten bis zum Ende des Projektzeitraums die Voraussetzungen zur Durchführung der Schulworkshops (Zertifizierung); vier der acht BROTHERS wurden teilzertifiziert. In der Evaluation wird auf pandemiebedingte Einschränkungen bei der Umsetzung verwiesen.
Außerdem wurden workshopteilnehmende Schülerinnen und Schüler mit einem schriftlichen Fragebogen zu drei Messzeitpunkten (vor, direkt nach und ein bis sechs Monate nach dem Workshop) zu ihren Einstellungsveränderungen befragt. Von 102 Schülerinnen und Schülern konnten Angaben zum dritten Messzeitpunkt einbezogen werden. Über die Zeit waren Veränderungen bzgl. Selbstreflexion (signifikanter Anstieg der Ablehnung von Gewalt zur Verteidigung der Ehre) und Kulturverständnis (signifikanter Rückgang von antisemitischen Überzeugungen) zu verzeichnen. Die Methodik wurde positiv bewertet: Bezüge zwischen den Rollenspielen und der Lebensrealität seien möglich. Anzumerken ist, dass die Nachbereitung des Workshops in den jeweiligen Schulen sehr unterschiedlich verlief.
Die Teilnehmenden von Fachkräfteschulungen wurden mit einer Online-Befragung zu Einstellungs- und Wissensaspekten befragt. Von 150 geschulten Fachkräften konnten die Angaben von 27 Personen einbezogen werden. Sie gaben an, dass das Programm zur Reflexion der Rolle anregte, eine Sensibilisierung für die Situation von Menschen mit Fluchterfahrungen bewirkte, das Wissen zu Gewaltverhalten und Ehrbegriff erweitert und neue Methoden erlernt wurden.
Die Einstufung in der Grünen Liste erfolgt auf Stufe 1, da alle drei Bestandteile der Evaluation keine Vergleichsgruppen (d.h. kein kontrolliertes Design) verwenden. Es handelt sich um eine Qualitätssicherungsstudie (Brothers-Befragung), eine Vorher-Nachher-Messung-ohne Kontrollgruppe (Befragung der Schülerinnen und Schüler) und eine Teilnehmer-Zufriedenheitsmessung (Fachkräfte-Befragung).