Prävention von Substanzkonsum und -missbrauch. Förderung allgemeiner, substanzspezifischer Lebenskompetenzen. Hinauszögern des Konsumbeginns und Reduktion der Konsummengen im Jugendalter. Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit legalen Substanzen wie Alkohol und Zigaretten.
Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 13 Jahren
„IPSY“ ist ein schulbasiertes, manualisiertes Lebenskompetenzprogramm zur Primärprävention von Alkohol- und Tabakmissbrauch. Es wurde am Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena entwickelt, wird seit 1999 in Deutschland eingesetzt, ist interaktiv, speziell auf Jugendliche zugeschnitten, lebensweltorientiert und wird auf Basis eines Trainingsmanuals von speziell geschulten Lehrkräften durchgeführt. Inhaltlich kombiniert das Programm die Förderung allgemeiner Lebenskompetenzen (Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit, Empathie, Entscheidungs- und Problemlösefähigkeit, kritisches und kreatives Denken, Selbstwahrnehmung, Gefühls- und Stressbewältigung) mit der Vermittlung substanzspezifischer Fertigkeiten. Risiko- und Schutzfaktoren für Substanzmissbrauch werden gezielt thematisiert, eine kritische Einstellung gegenüber Werbung und spezifisches Wissen zu Alkohol und Nikotin vermittelt, selbstsicheres „Nein-Sagen“ gegenüber Peers beim Angebot von Alkohol und Zigaretten trainiert und unrealistische, alterstypische Überzeugungen zum Substanzkonsum bei Gleichaltrigen anhand realistischer Fakten korrigiert. Jugendliche sollen durch Vermittlung von Wissen, Werten, Einstellungen und Stärkung positiver Verhaltensweisen, Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben, die es ihnen ermöglichen, mit den Anforderungen der Jugendphase angemessen umzugehen und dem Konsum von Alkohol und Zigaretten zu widerstehen.
„IPSY“ besteht aus drei Programmteilen:
1) Einem Basisprogramm aus 15 Einheiten (10x90 min, 5x45 min) in Klasse 5, mit dem Fokus auf der Vermittlung allgemeiner intra- und interpersonaler Lebenskompetenzen (core-life-skills).
2 und 3) Auffrischungssitzungen aus jeweils 7 Einheiten (4x90 min, 3x45 min) in Klasse 6 und 7. Bei diesen Booster Sessions steht das Wiederholung das Anwenden und Üben im Mittelpunkt.
Die insgesamt 33 Stunden werden von in IPSY geschulten pädagogischen Fachkräften anhand des Manuals durchgeführt. Es werden hauptsächlich interaktive Lehrmethoden (z.B. Rollenspiele, Gruppenübungen und Gruppendiskussionen) angewendet, die praktisches Üben von Verhaltensweisen im Peerkontext, Feedbackmöglichkeiten im angstfreien Raum und intensiven Kontakt zwischen allen Schülerinnen und Schülern einer Klasse ermöglichen. Die Übungen folgen immer demselben Ablauf: Einleitung/Warm-up, selbstständige Themenbearbeitung (z.B. anhand von Arbeitsblättern), Diskussion (Ergebnisse werden in kleinen Gruppen oder im Klasseverband besprochen und weiterführende Informationen durch den Lehrenden vermittelt), aktives Anwenden/Einüben zuvor erarbeiteter Kompetenzen in Rollenspielen, Abschlussreflexion, Entspannungs- oder Bewegungsübung. Dabei werden die vorgegebenen Situationen, in denen interaktiv gelernt wird, immer spezifischer auf Substanzkonsum zugeschnitten, entsprechend der wachsenden Normativität der Konfrontation mit Alkohol und Zigaretten im Alltag der Jugendlichen.
Im Rahmen der „IPSY“-Einheiten werden folgende Themen vermittelt: Ich (Gefühle und Selbstbild), Problemlösen (Umgang mit Angst/Stress, Problemen/Bedürfnissen), Ich & Andere (Kommunikation, Selbstsicherheit, Nein-Sagen, Widerstandsfähigkeit), Information (Prävalenzen, kurzfristige Konsequenzen des Konsums von Nikotin und Alkohol, Werbung und Medien), Schule & Ich (Schulbindung, optimale Lernumwelten), Freizeit (effektive Nutzung von freier Zeit). Das Lehrerverhalten während der Programmvermittlung (und darüber hinaus) ist explizit ressourcenorientiert, arbeitet mit Lob statt Strafe und hat zum Ziel, in jedem Jugendlichen Stärken, Begabungen und positive Eigenschaften zu entdecken, zu fördern und insbesondere leistungsschwächeren Schülern ein positiveres Feedback zu ihrer Person zu ermöglichen.
Die Weiterbildung der Fachkräfte zu "IPSY" umfasst 6 Stunden (online oder in Präsenz).
Programmvariante: Auffrischungssitzungen für Klasse 8 (nicht im Manual enthalten)
Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5-7
Dieses Programm ist nicht für den Einsatz in Förderschulen geeignet: IPSY- Information und psychosoziale Kompetenz: Anwendbarkeit in Förderschulen.pdf
(€) Workshop für pädagogische Fachkräfte (1x 6 Stunden); (€) Manual.
Bis 2028 sind die Schulung und das Manual durch eine Förderung der Techniker Krankenkasse kostenfrei.
Techniker Krankenkasse Homepage
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Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Psychologie, Arbeitsbereich Jugendforschung
Prof. Dr. Karina Weichold (Projektleitung)
Am Steiger 3, Haus 1, 07743 Jena
Tel.: 03641-945221
E-Mail: Karina.Weichold@uni-jena.de
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Kein Eingang bis zum 15.02.2012
Kriterien sind erfüllt.
Wenzel, et al. 2007:
Längsschnittstudie mit vier Messzeitpunkten im quasi-experimentellen Design mit Follow-up nach 12 und 24 Monaten. Von 2003-2006 nahmen 44 Schulen (21 Gymnasien, 23 Regelschulen) mit insgesamt 1693 Schülerinnen und Schülern, im Alter von 10 bis 15 Jahren, aus ganz Thüringen an der Studie teil. 23 Schulen (968 Schülerinnen und Schüler), in denen das Programm implementiert wurde, bildeten die Interventionsgruppe und 21 Schulen (726 Schülerinnen und Schüler), in denen die Entwicklung der Jugendlichen ohne Intervention beobachtet wurde, bildeten die Kontrollgruppe. Schülerinnen und Schüler beider Gruppen wurden im Rahmen einer Fragebogenuntersuchung im Prä-Post-Follow-up-Design mit vier Messzeitpunkten, vor Implementation und nach Durchführung des Programms in Klassenstufe 5, zu verschiedenen Aspekten des Alkohol- und Zigarettenkonsums, Lebenskompetenzen, Familie, Freunden, Freizeit, Schule und Verhaltensproblemen befragt. Weitere Fragebögen wurden nach Implementation des IPSY-Aufbautrainings in den Klassenstufen 6 und 7, jeweils am Ende des Schuljahrs erhoben und die Entwicklung der Jugendlichen mit und ohne IPSY-Programm über 4 Mess-Zeitpunkte verglichen (Ergebnisevaluation). Zusätzlich zu den Schülerinnen und Schülern, wurden Implementationsgüte und Durchführbarkeit des Programms mittels Kurzfragebögen durch die Klassenlehrerinnen und -lehrern jeder Klasse erhoben (Prozess-Evaluation).
Die Befunde zeigten, dass „IPSY“ den Alkohol-Erstkonsum bei Jugendlichen langfristig hinausgezögert, den Anstieg der Konsumhäufigkeit reduziert, den alterstypischen Konsumanstieg des Rauchens oder Alkoholtrinkens eindämmt, die Distanz zukünftigen Konsums stärkt und die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Peerdruck fördert und erhöht. Darüber hinaus fördert das Programm Kompetenzen, Wissen und erzielt positive Effekte auf das Klassenklima und die Schulbindung. Jugendliche identifizieren sich stärker mit ihrer Schule, fühlen sich dort wohl und ernstgenommen. IPSY ist allgemein anwendbar und in seiner Effektivität unabhängig von Geschlecht und Schultyp. Während bei den Mädchen vor allem das Selbstwertgefühl gestärkt wird, gewinnen Jungen deutlich an Kommunikationskompetenz. Gymnasiasten profitieren eher von Wissenskomponenten, während bei Regelschülerinnen und -schülern vor allem Widerstandsfähigkeiten gestärkt werden. „IPSY“ ist insgesamt sehr gut geeignet, Missbrauch von Alkohol und Nikotin im Kindes- und Jugendalter vorzubeugen und wurde seit 2003 in über 100 Schulen im Freistaat Thüringen eingeführt. Sowohl die Effekte des Programms bei den Schülerinnen und Schülern als auch die Erfahrungen der Lehrkräfte, die sich an der Umsetzung von IPSY beteiligen, sind durchweg positiv.
Eine aktuelle Nacherhebung (Weichold & Blumenthal 2016) zeigt die Stabilität einiger Ergebnisse auch 2 Jahre nach Ende der Intervention.
pädagogische Fachkräfte
Kurzsteckbrief der Antworten des Programmanbietenden auf eine Umfrage des Landespräventionsrates Niedersachsen.
Seit 2015 wurden mehr als 1500 Lehr- und andere pädagogische Fachkräfte von 770 Schulen trainiert (Stand 11/2023).
Das Programm wird in Deutschland, Italien und Österreich angewendet.
Das Programm wurde am 29.08.2011 in die Datenbank eingestellt
und zuletzt am 13.11.2024 geändert.